Transparenz in der Gesetzgebung, a must-have
Die Bundesregierung plant Gesetzesentwürfe und Stellungnahmen von Lobbyisten, von über 600 Gesetzen der letzten 4 Jahre zu veröffentlichen. Diese Transparenz kann so einiges ans Licht bringen, beispielsweise welche Interessenverbände aktiv Einfluss auf die Politik genommen haben. Jedoch handelt es sich um bis zu 17.000 Dokumente, die durchforstet werden müssten, wie ist das machbar?
4 Jahre, über 600 Gesetze, bis zu 17.000 Dokumente. Diese Zahlen geistern zurzeit durch die Medien. Das Informationsfreiheitsgesetz gestattet es jedem Bürger behördliche Informationen anzufragen. Dazu gehören auch Dokumente zur Gesetzesbildung, wie der erste Referenzentwurf eines Gesetzes, die Stellungnahme von Interessenvertretern, die auch als Lobby bezeichnet werden oder der Regierungsentwurf des Gesetzes, in den die Stellungsnahmen der Lobby eingearbeitet sind.
Über 1.600 solcher Informationsanfragen hat die Bundesregierung dank des Portals fraagdenstaat.de und der Kampagne #GläserneGesetze innerhalb einer Woche erhalten. Das ist mehr als im gesamten letzten Jahr. Der Verwaltungsaufwand die Anträge einzeln zu bearbeiten, scheint wohl zu groß zu sein, laut Aussage von Netzpolitik.org plant die Bundesregierung alle Dokumente der letzten Legislaturperiode schrittweise zu veröffentlichen.
Warum ist Transparenz ein “must-have”?
In einer Demokratie wählen Bürger, Politiker ins Amt. Diese Politiker müssen Tag für Tag Entscheidungen treffen, welche sich durch Gesetze direkt wieder auf die Bürger auswirken. Nun ist ein Politiker auch nur ein Mensch und nicht Experte in allem. Nach einem ersten Referenzentwurf eines Gesetzes, mischen sich verschiedene Interessenverbände, Lobbyisten, ein und geben Ihren Senf dazu. Die jeweiligen Verbände sind meistens näher mit der Materie eines konkreten Gesetzes vertraut.
Beispielsweise existiert für IT-Themen der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Neben Direktmitgliedern bestehen die Verbände auch aus Unternehmen. Und wie der Name schon sagt, haben diese Verbände jedoch auch eigene Interessen. Und hier kommt die Transparenz ins Spiel. Wurde aufgrund von Lobbyarbeit ein Gesetzesentwurf qualitativ verbessert, da mehr fachliche Qualifikation eingeflossen ist, oder wurden finanzielle Interessen vertreten, welche sich zu Lasten des Bürgers auswirken?
17.000 Dokumente durchforsten, wie geht das denn?
Wer, hat wann, wie am Entstehungsprozess eines Gesetzes mitgewirkt. Diese Metainformationen, die auch als Provenance bezeichnet werden, bieten einen echten Mehrwert um ein Gesetz beurteilen zu können. Provenance ist der Themenschwerpunkt meiner Forschung. Sofern die Dokumente der Gesetzesentwürfe in einem digitalen Format veröffentlicht werden, lassen sie sich weiterverarbeiten. Mit Techniken des Semantic Web, lassen sich Rohdaten mit Bedeutung versehen, oder anders ausgedrückt, sie können semantisch angereichert werden.
Ein Mensch mit einer spezifischen Fragestellung, kann die Daten dann effizient mit einem Computerprogramm durchsuchen. Beispielsweise kann der Satz “Der Apfel ist rot”, semantisch angereichert werden indem man sagt, dass ein Apfel eine Frucht ist und das rot eine Farbe ist. Gezielte Fragen können beantwortet werden, vorausgesetzt der gesamte Datensatz (mehrere Sätze) ist mit derselben Methode semantisch angereichert worden. Beispielsweise “Gib mir alle Sätze zurück, in denen rote Früchte vorkommen”, oder “Gib mir alle Sätze zurück, in denen es nicht um Früchte geht”.
Mit diesen Techniken, lassen sich daher dann einfache oder komplexere Fragen bezüglich des Gesetzesentwurfs und der beteilgten Organisationen beantworten.